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Heute ist ein Herr Stark bei der EZB zurückgetreten. Der Mann ist wohl ein harter Hund und war z.B. gegen den Ankauf von Staatsanleihen ’schwächelnder‘ EU-Länder.
Nun ist er weg. Als Reaktion steigen die Zinsen von italienischen und spanischen Anleihen. Obwohl Stark doch gegen das Programm zu deren Stabilisierung war.
Wo steckt die Logik?
Vielleicht hat Georg Seeßlen Recht, wenn er den neuen Kapitalismus daran erkennt, dass er uns alle einbeziehen und mitspielen lassen will.
Dann ziehe ich jetzt die Frage zurück. FTD raus aus dem Feedreader. Spielt doch mal ein bisschen alleine.
Filed under: filme, kunst+kultur | Schlagwörter: berlinale, globalisierung, kapitalimus, markt, milton friedman, naomi klein, schock
Endlich Zeit für die Berlinale gehabt. Und auch noch ganz entspannt 30min. vor der Vorstellung eine Karte bekommen. Akkreditierungen werden überschätzt.
Im Panorama lief „The Shock Doctrine“ von Michael Winterbottom und Mat Whitecross, in einer Arbeitsfassung. Der globalisierungs- und privatisierungskritische Film basiert auf dem gleichnamigen Buch von Naomi Klein.
„The Shock Doctrine“ schlägt einen weiten Bogen, betrachtet die marktliberalen Thesen Milton Friedmans aus den 60-ern, bezieht Reagan, Thatcher, Pinochet, die Bushs und ihre Irakkriege und schließlich Obama mit ein. Die Kernthese: Die auf Friedman basierende radikale freie Marktwirtschaft wird vom westlichen System höchst aggressiv verbreitet und zwar in dem Vakuum, das nach politischen, wirtschaftlichen oder physischen Schocks bleibt. Dabei macht der Film deutlich, dass freie Marktwirtschaft und Demokratie mitnichten Hand in Hand gehen und dass Angstmacherei und Destabilisierung die Lieblingsinstrumente der liberalen Missionare sind.
Den Rahmen liefern Vortragsmitschnitte von Naomi Klein, sowie ein Off-Kommentator, dazwischen kommen Unmengen originales Filmmaterial zum Einsatz. Dabei fällt leider auf der großen Kinoleinwand die schlechte Qualität auf, vielleicht schlecht digitalisiertem Archivmaterial geschuldet, oder der Verwendung von NTSC-Fernsehbildern.
Auch wenn Kapitalismuskritik zur Zeit ohnehin schwer angesagt ist, schlägt der Film einige große Bögen und nimmt sich die Freiheit, auch ungewöhnliche Verbindungen zu konstruieren. Dass die erste US-Offensive im zweiten Irakkrieg ausgerechnet mit „Shock and Awe“ betitelt wurde, muss doch die These der Schock-Strategie belegen! Wirklich stark wird der Film, wenn er schlicht Zahlen liefert. So kamen in den US-Streitkräften bis in die 90-er hinein nur eine Handvoll privater Dienstleister auf 100 Soldaten. 2007 überstieg die Anzahl der Söldner schließlich sogar die der Soldaten. Fertig ist der Blackwater-Skandal. Und dabei war die Armee einer der wenigen Bereiche, den Milton Friedman in staatlicher Hand belassen wollte.
Das Publikum nahm den noch unfertigen Film zwar wohlwollend auf, fand aber auch die nötige Kritik: Ein Film, der eine Schockstrategie anprangere, dürfe nicht selbst mit so schockierenden Bildern und manipulativen Schnitten arbeiten. Etwas schlichter und fundierter wäre der Film weniger angreifbar.
Zu viel zu wollen – das musste sich allerdings schon die Buchvorlage vorwerfen lassen:
In Ihrem Buch werfen Sie alle möglichen Dinge zusammen: Die Globalisierung hat für Sie mit der Elektroschock-Folter in Lateinamerika zu tun, mit dem amerikanischen Geheimdienst CIA, sogar der Wirtschaftsnobelpreisträger Milton Friedman ist da verstrickt. Haben Sie eigentlich noch alle Tassen im Schrank?
So beginnt Thomas Fischermann 2007 ein ZEIT-Interview mit Naomi Klein. Und bringt sie durchaus in Bedrängnis.
Der Film ist am Ende sehenswert, auch wenn man das aus Michael-Moore-Filmen bekannte Unwohlsein ertragen muss, das die gefällig populäre Argumentation hinterlässt.