partikelfernsteuerung


Zurückzensurwordpressplugin
16. Juni 2009, 16:58
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Es gab ja schon die Aktion „Überwach!„, die Zugriffe von Ministerien und Fraktionen protokollierte, sowie „Politiker-Stopp„, die das Ausdrucken von Internetseiten verhinderte. Beide waren ein technisch-humorvoller Protest gegen die rechtlichen Einschnitte in die freie und unbeobachtete Kommunikation der letzten Zeit.

Pünktlich zum neuen Gesetzesentwurf der großen Koalition zu Internetsperren gibt es nun „Zensiert zurück„, ein WordPress-Plugin, das Politiker aus dem eigenen Blog aussperrt und stattdessen ein frei wählbares Stopp-Bild anzeigt.

Wie Kommentatoren schon anmerkten ist es sicherlich nicht besonders klug, jene paar Politiker, die in Blogs recherchieren, auch noch auszusperren. Als kleiner satirischer Hinweis funktioniert das Plugin aber allemal.



China dämmt PCs kaputt

Dass das Internet in China stark zensiert wird, ist bekannt. Die Maßnahmen, die allgemein ironisch als Great Firewall of China genannt werden, finden auf Seiten der Internetprovider statt. Mit verschiedenen Methoden wird verhindert, dass unerwünschte Webseiten an den Benutzer ausgeliefert werden.

Ab Juli möchte die chinesische Regierung ihren Einfluss aber auch am anderen Ende der Leitungen ausbauen: direkt auf dem Rechner des Benutzers. Alle PC-Hersteller werden verpflichtet, eine Filtersoftware namens „Green Dam – Youth Escort“ mitzuliefern. Sie blockiert mit Hilfe einer Blacklist bestimmte Seiten, Begriffe und automatisch analysierte Bilder, das offizielle Ziel ist hierbei ein jugendfreies Internet.

Dieser Weg scheint im Vergleich zum bereits existierenden Zensursystem geradezu liberal, kann der Nutzer doch selbst entscheiden, ob er die Software installiert oder nicht. Man ist allerdings geneigt, eine Hintertür zu befürchten, mit dem Staatsorgane Zugriff auf den Computer bekommen (a.k.a Bundestrojaner).

Die Wirklichkeit sieht noch schlimmer aus: Der „Green Dam“ ist so schlecht programmiert, dass er auf dem Computer riesige Sicherheitslöcher öffnet. Das hat jedenfalls die University of Michigan bereits nach ein paar Stunden Analyse festgestellt:

We have discovered remotely-exploitable vulnerabilities in Green Dam, the censorship software reportedly mandated by the Chinese government. Any web site a Green Dam user visits can take control of the PC.

Lokal installierte Filtersoftware könnte ja tatsächlich die Antwort für besorgte Eltern sein, die Medienerziehung gern ein Stück weit an Software delegieren möchten. „Green Dam“, das als staatliches Pflichtprogramm daherkommt, scheint eher gefährlich.

(in Deutschland läuft es mit „JusProg“ auch nicht viel besser)

via fefe



#versachlichung
28. Mai 2009, 11:13
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Meine Güte, in Sachen Internet e.V. vs. Deutschland AG war ja gestern ordentlich was los.

Pünktlich vor der öffentlichen Anhörung zum Gesetzentwurf für Internetsperren zeigt der AK Zensur, dass „Löschen statt verstecken“ nicht nur ein knackiger Spruch ist. Er schrieb einfach Mails an jene Provider, auf deren Servern laut diverser Sperrlisten kinderpornographisches Material untergebracht war.

Mit beeindruckender Resonanz: Innerhalb der ersten 12 Stunden nach Aussenden der Mails wurden bereits 60 Webauftritte gelöscht. (Pressemitteilung)

Die Anhörung im Bundestag wird von Parlamentsfernsehen live ins Netz übertragen (MP3-Mitschnitt), allerdings sind die Videostreams hoffnungslos überlastet. Auf Twitter laufen Kommentare von Zuschauern vor Ort und zu Hause zusammen. In der Anhörung wird die Petition gegen Netzsperren respektvoll erwähnt, sowie die Bedenken der „Internetcommunity“ angesprochen. Der Vertreter von Die Linke zitiert sogar namentlich netzpolitik.org.

Klar ist nach der Anhörung im Bundestag am Mittwoch vor allem eines: das Thema ist kompliziert. Wesentlich komplizierter jedenfalls, als Familienministerin Ursula von der Leyen es darstellt. (zeit.de)

Als Frau von der Leyen wegen eines ganz anderen Gesetzesvorhabens in der Koalition heftige Kritik einstecken muss, jubeln Teile der „Internetcommunity“ schon vorschnell (auch hier namentlich netzpolitik.org…)

Aber wenn bei der Bundespräsidentenwahl neben Blumensträußen und einem Bläserquintett auch Twitter eine „Affäre“ auslösen kann – dann spricht das nur dafür, dass so langsam nicht mehr der Drucker das wichtigste Internet-Tool in der Politik ist. Vielleicht gibt es Hoffnung.



Im Sinne aller ehrlichen Comedians muss der perversen und komplizierten Satire der Kampf angesagt werden
15. Mai 2009, 11:57
Filed under: digitalgebastel, dumm gefragt, politik | Schlagwörter: , , , , , , ,

pifo_gesperrt_illustration

Als das Thema Internetsperren ernst wurde, hat der pantoffelpunk-Blog eine witzige Satireseite ins Netz gestellt. Im Design des Innenministeriums verkündete sie: „Die Seite, die sie aufrufen wollen, ist gesperrt.“ Eine beliebige URL konnte übergeben werden und wurde in die Sperrmeldung integriert. Der kleine Spaß machte schnell die Runde, man konnte sich gegenseitig einen Schreck einjagen, darüber, dass die liebste Politik-/Hacker-/Porno-/Drogen-/Chemie-Seite gesperrt wäre.

Aus dem kurzen Schrecken wurde sofort ein anerkennendes Schmunzeln. Wurde man doch als „Sehr geehrter Gefährder, sehr geehrte Gefährderin“ angesprochen, ein Werbebanner für den Waffenhändler Karl-Heinz Schreiber gezeigt, sowie weitere kleine Seitenhiebe ausgeteilt.

In einem lesenswerten Artikel beschreibt pantoffelpunk nun, wie das Bundesverwaltungsamt (das zum Geschäftsbereich des Innenministeriums gehört) im Handumdrehen seinen Webhoster die Domain kündigen ließ, ohne dass er benachrichtigt wurde und ohne dass auch nur ein einziges Wort über das Thema Satire=Kunst=frei gewechselt wurde. Oder gar ein Gerichtsbeschluss im Spiel war.

Und es bleibt die Frage: Wenn das BMI schon eine kleine Satire wegen Nachahmung der Internetseiten des Bundesministerium des Innern mit einem simplen Brief vom Netz nehmen kann – warum brauchen wir dann für die Beseitigung das Verstecken eindeutig krimineller und verabscheuenswerter Kinderpornografie ein ausgewachsenes Zensursystem?



Internetzensur-Mahnwache
17. April 2009, 10:28
Filed under: politik | Schlagwörter: , , , , , ,

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Heute morgen fand ab 9.00h vor dem Pressezentrum der Bundesregierung die Mahnwache gegen Internetzensur statt. Anlass war die Unterzeichnung der Verträge zwischen Internetprovidern und der Bundesfamilienministerin, in denen sich die Provider verpflichten, DNS-Sperren gegen kinderpornographische Webseiten umzusetzen. Wegen massiver Zweifel an der Wirksamkeit und Rechtsstaatlickeit der Maßnahme hagelte es Proteste. Eine gute Zusammenfassung der Kritik liefert heise.de

dsc00493gedrehtZur Mahnwache fanden sich geschätzt 500 gut gelaunte Menschen auf dem Vorplatz des Besucher- und Pressezentrums ein, mit kritischen Botschaften an Familienministerin Ursula „Zensursula“ von der Leyen. Viele Pressevertreter machten sich ein Bild von dem Protest, bevor sie im Pressezentrum die Unterzeichnung der Verträge dokumentierten. Wie breit sich die Mahnwache tatsächlich in der Berichterstattung widerspiegelt, bleibt abzuwarten.

Nach einer Stunde wurde die Veranstaltung offiziell aufgelöst, ein Teil der Demonstranten zog noch zum Hintereingang des Gebäudes weiter, um dort die Abfahrt der Provider und Politiker abzuwarten. Nach einigen Minuten begann die Polizei allerdings, Platzverweise auszusprechen, was die Veranstaltung dann endgültig beendete.

Eine Diskussion mit Providern oder Politikern entstand zwar nicht, eine bunte und friedliche Menschenmenge hat aber deutlich gemacht, dass eine populistische Wahlkampfkampagne nicht die Form ist, in der mit so brisanten Themen umgegangen werden sollte.

Wie man die heute beschlossenen „Sperren“ umgeht.



Gruselige Dilettanten bei Netzsperren am Werk
25. März 2009, 16:29
Filed under: politik, Uncategorized | Schlagwörter: , , , , , , ,

Frau von der Leyen versucht ja gerade, ein Internetzensursystem „im Kampf gegen Kinderpornografie“ in Deutschland durchzudrücken. Im Zentrum stehen dabei schwarze Listen, auf denen die illegalen Seiten geführt werden, die die Internetprovider dann ihren Kunden nicht mehr anzeigen sollen. Dieses System lobt die Ministerin, in „den skandinavischen Ländern“ würde es funktionieren.

Man sieht ja, wie gut es funktioniert: Im vergangenen Jahr wurde in Finnland die Website des W3C gesperrt, dem wichtigen World Wide Web Consortium, das für Internet-Standards zuständig und jeglicher Pornographie gänzlich unverdächtig ist. Dass es dennoch auf der Sperrliste landete, zeigt, wie willkürlich und intransparent dieses System ist.

Dieser und weitere ähnliche Fälle werden von Bürgerrechtlern natürlich gern als Argument gegen die Errichtung eines solchen Zensursystems gebraucht. Es gibt nur einen Haken: Die Sperrlisten sind streng geheim. Zurecht, denn sonst wären sie ein excellenter Reiseführer zu den unerwünschten Inhalten. Nur, wie will man gegen das System argumentieren, wenn man seine Schwächen nicht veröffentlichen und analysieren darf?

Hier hilft die anonyme Plattform Wikileaks. Sie bietet „Whistleblowern“ aus aller Welt Gelegenheit, brisante interne Dokumente an Presse und Öffentlichkeit zu bringen, ohne Jobverlust oder gar Strafverfolgung zu riskieren. Auf Wikileaks wurden Sperrlisten aus mehreren Ländern veröffentlicht. Und ihre Analyse ergab häufig brisantes: Nur ein geringer Teil der blockierten Seiten hat tatsächlich mit Kinderpornografie zu tun. Davon wird wiederum ein großer Teil von Deutschland und anderen europäischen Ländern aus verbreitet, wäre also für Strafverfolger greifbar. Die Veröffentlichung der geheimen Listen hat den Kritikern von Netzsperren starke Argumente geliefert.

Gestern abend wurden von der deutschen Polizei die Wohnungen des Inhabers der Adresse „wikileaks.de“ durchsucht. Unter dieser Domain ist die Plattform in Deutschland erreichbar. Der Vorwurf: Verbreitung von pornografischem Material. Schließlich sind über seine Domain ja die Listen verfügbar, die wiederum auf die unerwünschten Seiten verweisen. Die Durchsuchung erfolgte wegen „Gefahr im Verzug“ offenbar ohne richterliche Genehmigung.

Geht der Dilettantismus jetzt noch ein halbes Jahr bis zur Wahl so weiter?

(ChildCare zeigt stichprobenhaft, was möglich ist, wenn man an der richtigen Stelle ansetzt.)

Mehr: